Spitzen, Ikonen, Ostereier


Von links nach rechts: Monika Thonhauser, Birgit Herr, Mariloise Jordan

Die eine klöppelt Spitze, die zweite schreibt Ikonen, die dritte macht erlesene Osterkunst: Ab 15. März, 19:00 Uhr (Vernissage) bis 30. Mai 2018 zeigen sie gemeinsam ihre Werke  im TAURISKA Kammerlanderstall in Neukirchen/Großvenediger (Pinzgau).

Handgeklöppelte Spitze war im früheren Europa begehrt wie Gold. Dabei war die Salzburger Spielart im heutigen Flachgau beheimatet. Das Wissen darüber war praktisch ausgestorben. „So eine wertvolle Kulturarbeit darf doch nicht verloren gehen“, dachte sich Monika Thonhauser vor 40 Jahren. Eine Klosterschwester brachte ihr erste Schritte bei, dann eine Lehrerin in Amsterdam. In der Klöppelschule in Nordhalben an der deutschen Grenze zur ehemaligen DDR vertiefte die Stadt Salzburgerin ihr Wissen. Im „Salzburg Museum“ ließ sie sich alte Salzburger Spitzenreste ausheben und suchte mit der Lupe nach den Fadenverläufen. Daraus entwickelte sie technische Zeichnungen und Musterbriefe, die sie in sechs Klöppelmappen veröffentlichte. Dies mit Unterstützung des Vereins Tauriska, des Heimatkundlichen Museums St. Gilgen und der Salzburger Volkskultur. Gemeinsam mit Tauriska erwirkte sie, dass die Salzburger Klöppelei 2013 in das Österreichische Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes der UNESCO aufgenommen wurde. In Kursen regte Thonhauser hunderte Menschen zum Klöppeln an, gab Workshops, organisierte Ausstellungen im In- und Ausland. Sie studierte Kunstgeschichte sowie Wirtschafts- und Kulturgeschichte und befasste sich bei der Diplom- und Doktorarbeit ebenfalls mit der Geschichte der Spitze und der ehemaligen Spitzen-Hausindustrie in Salzburg. In St. Gilgen baute sie eine Spitzensammlung im Heimatkundlichen Museum auf. Ungeheures Wissen, hohe Konzentration und viel Geduld stecke hinter dem Klöppeln, betont sie und meint: „Nach einigen Jahren Praxis ist man schon ganz gut darin.“ Im Kammerlanderstall wird sie ihr neues, im Tauriska-Verlag herausgegebenes Buch Textile Landschaft Salzburg > vorstellen.

„Ikonenschreiben ist ein Geschenk des Himmels“ (Birgit Herr)

Ikonen malt man nicht, man schreibt sie. Und wenn sich Birgit Herr in Neukirchen/Gr.Ven. in diese Arbeit vertieft, empfindet sie dies wie ein stilles Gebet, wie eine tiefe innere Reise. Besucher waren bei ihrer ersten Schau im Kammerlanderstall so beeindruckt, dass sie nun ihre neuen Ikonen zeigt. Gerne gibt sie dabei Auskunft über die Wirkkraft ihrer Werke: „Die ganze Liebe, die man in Ikonen hineinschreibt, strahlt zurück“, so die Oberpinzgauerin, die hauptberuflich Gold- und Silberschmiedemeisterin ist. Ganz dünn trägt sie eine Farbschicht nach der anderen auf. Die unteren Schichten scheinen durch und vermitteln diesen tiefen Ausdruck und diese Innigkeit. Alle Formen, Gesten, Farben sind symbolische Mitteilungen, die orthodoxe Christen durch die Jahrhunderte zu entziffern vermochten. Christus’ Handhaltung etwa weist auf die Dreifaltigkeit hin, das purpurfarbene Gewand Marias auf die höchste Würdenfarbe. Der schöpferische Akt des Schreibens von Ikonen ist strengen Regeln unterworfen, die schon vor Hunderten von Jahren bei den Mönchen galten. Es beginnt mit einer inneren Geisteshaltung, einem Gebet, das den Respekt vor der Schöpfung ausdrückt. Birgit verwendet als Unterlage Linden- und Buchenholzbretter. Auf diese paust sie anhand einer Mustervorlage die Umrisszeichnung ihres Motives auf. Dann ritzt sie die Konturen leicht ein und vergoldet Bildteile. Mit Eitempera, einer Mischung aus Dotter, dunklem Bier und Nelkenöl, rührt sie die Farbpigmente an. Das fertige Bild lässt sie bis zu einem Jahr austrocknen. Dann kommt eine Schutzschicht darüber, die die Farben kräftig zum Leuchten bringt. Während einer Messe weiht der örtliche Priester das Werk. Für die Kirche sind Ikonen bis heute Fenster in die geistliche Welt geblieben.

Ein Leben für die sakrale und bäuerliche Volkskunst

Mariloise Jordan in Fusch/Gl.Str. ist bekannt für ihre Eier, aus denen sie prachtvolle Kunstwerke macht und dies nicht nur zu Ostern. Auch Liebes-, Gebets-, Freundschafts-, Hochzeits- und Trosteier stattet sie zu Glücksbringern aus. In einem Ei steckt ein “Godn”-Taler, aus einem anderen ragt eine kleine Kurbel. Dreht man daran, kommt ein Spruchband zum Vorschein. Winzige Eier von Wellensittichen, Wachtel-, Enten- bis zu Straußeneiern bemalt sie mit Aquarellen, verwendet Scherenschnitt und Kratztechnik, verziert sie mit Seide, Gold- und Silberfäden. Sie bricht Eierschalen auf und bettet darin Figuren aus Wachs oder kleine Büchlein, in die man schreiben kann. Zudem fertigt die heute 85jährige Glasstürze, Osterkrippen, Lebensgefäße, Wachsbücher. Im Kammerlanderstall wird sie ihre vielfältige Arbeit präsentieren. Das „Gläserkastl“ der Großmutter war für sie als Kind  ein wundersamer Ort gewesen – voll mit Kostbarkeiten und kleinen Wachssachen. Auch die Hobelbank des Vaters und Großvaters empfand sie als Fundgrube. Mit sieben Jahren fertigte Jordan das erste “eingerichtete” Ei, in das sie einen Osterhasen aus Erlenzapfen und Blattknospen bettete. Ihre Familie übersiedelte 1937 von Großarl nach Fusch in den Pinzga.  Dort begann Jordan 1951 als selbstständige Malerin. Eine dreijährige, graphische Ausbildung verschaffte ihr Einblick in Schrift-, Gestaltungs-, sowie Drucktechnik. Alle anderen Techniken der Malerei auf Seide, in Öl, Aquarell, Tempora und Buntstifte erlernte sie autodidaktisch. Unermüdlich rettete sie die Bedeutung alter Symbole und Bräuche in unsere Zeit, indem sie etwa Vereins-, Prozessions- und Festfahnen gestaltete oder restaurierte. Ausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen im ganzen Land Salzburg, in der Salzburger Berchtoldvilla, in Deutschland und den Niederlanden geben Zeugnis von der vielseitigen Arbeit einer außergewöhnlichen Künstlerpersönlichkeit, die 2015 für ihr Lebenswerk mit dem Förderpreis der Salzburger Volkskultur ausgezeichnet wurde. (Christine Schweinöster)

Einladung (PDF) zum Ausdrucken >

(Quelle: Tauriska)