Sitzen auf Probe

„Wer auf Salzburg steht, sollte auf diesem Stuhl sitzen und alle Salzburger sowieso!“
Mitentwickelt und montiert in Bergheim. Dann fix wie der Blitz nach Taxham geliefert. Das nennt man Kundendienst. Durch ein vorsorgliches E-Mail war ich vorgewarnt. 20 kg soll das Paket wiegen, steht da geschrieben. In atemloser Vorfreude schäle ich ihn aus dem Karton, schön vorsichtig, genau nach Elisabeth Schachingers Anweisung, um ja nicht die Verpackung zu beschädigen. Der Stuhl ist wirklich so schwer. Das wurde mir erst bewusst, als ich ihn keuchend und schwitzend in den 1. Stock hoch schleppte. Zur Vorgeschichte: Eine junge Dame rief mich vor 4 Tagen an und verführte mich zu einem absonderlichen Deal: (Bild: Ein sehr beweglicher Gast auf dem in.motion)

30 Tage dürfte ich Probesitzen und wenn mir dann der „in.motion“ > nicht gefallen sollte, würde man ihn formlos wieder abholen. Ihr charmanter Flachgauer Dialekt tat sein Übriges. Noch nie zuvor hatte ich eine Vereinbarung telefonisch abgeschlossen. Mein erster Eindruck: Das „Ding ist ist elegant. Die Proportionen erfüllen alle Erwartungen an ein Arbeitssmöbel dieser Art. Nur das 8mm starke und 7 cm breite federnde Stahl war ungewöhnlich. Es verbindet die Rückenlehne mit der Basiskonstruktion der Sitzfläche.  Das gibt dem massiven Teil eine Eleganz und Leichtigkeit, die ihn gleich um gefühlte 10 kg leichter erscheinen lässt. In den nächsten 29 Tagen werde ich mein Leben mit diesem Beispiel regionaler Wertschöpfung teilen. Denkt nicht das wäre langweilig. Die besten Geschichten werden auf Stühlen geschrieben. Aber nur auf den guten. Kann man etwa mit Rückenschmerzen brauchbare Geschichten erzählen? (Bild: Ein mächtiges Paket müht sich durch den schmalen Eingang)

2. Tag, Donnerstag, 16.02.2012
„Schwebend vor dem Bildschirm“
Unglaublich. Mein ganzes Leben bin ich dem Sport erfolgreich ausgewichen. Jetzt hat er mich doch noch erwischt, ausgerechnet dort wo ich nie damit gerechnet hätte. Beim Sitzen. Bauch- und Rückentraining, 12 Stunden am Tag. Vor dem Monitor. Ein raffiniertes Steuersystem passt Sitzfläche und Rückenlehne dem komplexen Zusammenspiel von Rücken- und Bauchmuskulatur an. Bei jeder Bewegung spürt man: „die Muskeln arbeiten“. Unablässig, mal mehr, mal weniger, ohne spürbare Anstrengung. Erst jetzt erschloss sich mir auch der Sinn hinter dem Produktnamen: „in.motion“. Auf einmal wähnte ich mich in der Schwerelosigkeit des Weltraums. Elisabeth erklärte mir einen Drehknopf auf der Unterseite der Sitzfläche. „Dieser“, so erfuhr ich von ihr, reguliert die spannung Rückenlehne sodaß man im Abgleich mit dem Eigengewicht sanft nach hinten gleiten kann. Das brachte mich in die Startposition eines Kosmonauten. Die Mechanik dieses bemerkenswerten Stuhles folgt Jeder Bewegung, fast wie ein Exoskelett bringt sie mich immer wieder in eine entspannte Sitzposition. Als ich dazu noch die Füße leicht anhob, umschwebten 98 kg Taxham, leicht wie eine Feder, den Monitor auf meinem Arbeitsplatz.

3. Tag, Freitag, 17.02.2012
„Schluss mit der Schwärmerei!“
Aus der Ferne betrachtet mag er wie einer der unzählichen Bürostühle aussehen die sich am Markt tummeln. Ist ja auch bei Autos nicht anders. Genau wie bei den rollenden Blechkisten gibt es physikalische Standards die man ganz schlecht einem exzentrischen Design opfern kann. Dazu gehört die Gewichtverteilung auf den beweglichen Unterbau. Das stabile 5-teiligen Fußkreuz wird von erstklassig gelagerten Rollen bewegt, die je nach Bodenbeschaffenheit, einmal in einer härteren oder einer weicheren Version mitgeliefert werden. Aber darüber, wird es schon richtig aussergewöhnlich. Jede der 5 Einstellung in der Steuerungskonsole unterhalb der Sitzfläche entfaltet eine von den anderen Funktionen unabhängige Wirksamkeit. Das ermöglicht eine höchst präzise und individuelle Feinjustierung. Die Mechanik macht einen robusten Eindruck und scheint auf häufige Beanspruchung ausgelegt. Ein leises Klack da und ein leises Klick da, deuten die Freiräume an, die das Material braucht um sich nicht durch übermäßige Reibung schnell abzunutzen. Das ist intelligent.
(Bild links: Ein Mühlviertler Holzkopf lernt Salzburger Sitzkomfort kennen. Rechts daneben will noch einer)

4.Tag, Samstag,18.02.2012
„Ein Möbel das kein Star sein will“
Christa Lageder, die so zierliche wie geniale Textildesignerin aus Maxglan überlagert den Auftritt des Büromöbels beinahe zur Gänze. Eine erstaunliche Verwandlung. Unbesetzt zeigt er sich bei aller Eleganz fast wuchtig. Mit Mensch, tritt er bescheiden in den Hintergrund. Das macht ihn mir noch ein gutes Stück sympathischer. Wer will schon täglich in seiner Pracht und Herrlichkeit von der Konkurrenz seines Bürostuhles bedrängt werden? Vielleicht, wenn ich mich für diesen Stuhl entschieden habe, strickt mir Christa einen Pullover für ihn. So einen, wie sie ihn auf dem Foto trägt. Ich werde sie bei Gelegenheit danach fragen.

5. Tag, Sonntag, 19.02.2012
„Melancholie“
Die Eliten unserer Zivilisation sind unablässig dabei unseren Alltag so zu strukturieren, dass wir Menschen immer mehr und immer länger produzieren und konsumieren können. Dabei nimmt der Bürostuhl eine sprichwörtlich „tragende“ Rolle ein. Schließlich soll er ja seine Nutzer solange als möglich am Arbeitsplatz halten. Das ergonomische Arbeitsmöbel wird zum systemerhaltenden Faktor. Umgekehrt könnte man vermuten, dass auf unbequemen Stühlen meist aufrührerische Elemente sitzen, die bei jeder Gelegenheit ihrem jungsteinzeitlichen Bewegungsdrang nachgeben. So befindet sich der „in.motion“ unversehens in der Spannungszone zwischen Anarchie und Systemkonformität. Ich mag ihn. Obwohl er in 1. Linie ein „Sklavenmöbel“ ist und so manchem „World Of Warcraft“ Gamer seine 24 Stunden Sitzungen rechtfertigt. (von mir rede ich lieber gar nicht) Meine vorrangige Sympathie gehört aber einem fokussierten jungen Team aus Bergheim bei Salzburg. Die machen ihre Sache gut. Sehr gut sogar.

6. Tag, Montag, 20.02.2012
„Hoffentlich hält er das aus“
Während ich diese paar Zeilen schreibe, werde ich den Stuhl durch Gewichtsverlagerung, Seitenbewegungen, hin- und her rollen ungefähr 300 Mal bewegt haben. Zum Teil nur Mikrobewegungen, aber trotzdem. Es ist unglaublich, was so ein Bürostuhl alles aushalten muss. Warum sitze ich eigentlich so bequem? Müsste sich das Material unter meinem Gewicht nicht so verdichten, dass es irgendwann nicht mehr nachgibt und brettlhart wird. Was ist das für ein Material, dass mich immer weich sitzen lässt und warum ist das so? Ich werde meinem Sitzcoach Elisabeth Schachinger bei nächster Gelegenheit diese Frage stellen. (Im Bild: Der elegant gebogene Stahl ist 8mm dick. Bedenkt man, dass moderne Kreuzfahrtschiffe > nur aus 4mm dicken Stahlhüllen bestehen, kann dieses Teil als durchaus robust gelten. Es muss  auch viel aushalten, in einem langen Bürostuhlleben.)

7. Tag, Dienstag, 21.02.2012
„Der Tag an dem ich locker wurde“
Es ist kaum zu glauben, wie lange es dauert, bis ein seit Ewigkeiten falsch am Arbeitsplatz  geparkter Körper seine verkrampfte Haltung aufgibt. Bei mir dauerte es 7 Tage. Langsam dämmert es mir auch, warum das Vertriebsmodell der Firma erfolgreich sein kann. Man entwickelt nämlich rasch eine Beziehung zu diesem Teil. Fast intensiver als zu einem Haustier. Der Stuhl ist besser zu kontrollieren, er läuft nie weg und er braucht nicht das unsäglich teure und ekelige Katzenfutter dass meine Anneliese immer einkauft. Nach der Sitzprobezeit fällt es den meisten Probanten schwer auf ihren in.motion zu verzichten. Denn es würde schmerzhaft lange dauern, bis man sich wieder an seine verkrampfte Sitzhaltung gewöhnt. 23 Tage habe ich noch. Ich bin schon sehr neugierig ob dann noch immer nichts klappert, an diesem so unverwüstlich wie durchdacht wirkenden Sitzmöbel.

8. Tag, Mittwoch, 22.02.2012
„Vom Charisma der Dinge“
Manche Stühle scheinen es zu sein, andere sind es wirklich. Arbeitsgeräte. Wer kennt sie nicht, die ein wenig protzig wirkenden, sogenannten Chefsessel aus Kunst- oder Billigleder in denen man eine Zeit lang wie in Watte versinkt bis man sich nach ein paar Monaten zur harten Spanplatte durchgesessen hat. Ich probesitze gerade auf einem ganz anderen Typ. Der in.motion strahlt jenes „understatement“  aus, dem ein funktional-minimalistisches Design zugrunde liegt. Die Botschaft: Ich diene kompromisslos dem Arbeitskomfort meiner „Besitzer/innen“. Daraus entsteht eine Ästhetik die allen Klischees gehobener und höchster visueller Ansprüchen überlegen ist.

9. Tag, Donnerstag, 23.02.2012
„Kein zerstreuter Professor …“
Wer hätte das gedacht! Mein Prachtstuhl hat einen akademischen Hintergrund, erfuhr ich soeben telefonisch von Günther Kraibacher, dem Chef der Bergheimer Firma „Gesund arbeiten“. Dr. Dieter Breithecker heisst der geistige Vater meines Sitzmöbels. Er gilt bei unseren deutschen Nachbarn als „Ergonomiepabst“ und berät öffentliche Institutionen bei Fragen der Gesundheit am Arbeitsplatz. Der gelernte Sportwissenschaftler und Pädagoge ist zudem  Leiter der Bundesarbeitsgemeinschaft für Haltungs- und Bewegungsförderung e. V. Dieses geballte Know How, gepaart mit legendärer deutscher Ingenieurskunst hat diesen Stuhl mit seiner so robusten wie intelligenten Mechanik entstehen lassen.
(Bild: Dr. phil. Dieter Breithecker,)

10. Tag, Freitag, 24.02.2012
„Die Vier haben eine Mission“
In der kleinen Firma am Stadtrand Salzburgs arbeiten 4 Leute mit einer Botschaft: „Seid gut d’rauf, wir sind es auch, denn unser in.motion hilft dabei dass es so bleibt“ Und sie lassen ihrer Einstellung Taten folgen. Vom ersten telefonischen Kontakt über die Lieferung bis zur diskreten Begleitung bei der Feinjustierung. die Freundlichkeitskette wird keinen Augenblick unterbrochen. Jetzt bleibt nur noch ein mögliches Mißverständnis aufzuklären. Das hier ist keine bezahlte Werbung. Dafür fließt kein Geld. Ich schreibe hier in meinem Blog über alles was mir persönlich begegnet. Diesmal war es eben ein aussergewönlich guter Bürostuhl > mit einer überaus liebenswerten Sitztrainerin >.

Kontakt: gesund arbeiten KG, Dorfstraße 51a, A 5101 Bergheim bei Salzburg, Telefon: +43 (0)662 231020-0, Fax: +43 (0)662 231020-90

07.03.2012
Ein kleiner Nachtrag
Der Abschied schmerzte. Heute holte die Post, wie von der „gesund arbeiten KG“ am Beginn der Probezeit versprochen, den in.motion ab. Unkompliziert und ohne weitere Formalitäten.
Sobald es meine finanziellen Verhältnisse zulassen, werde ich mir diesen Stuhl kaufen. Er hat rundum überzeugt.


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