Ein Denkmal für Leopold Kohr. Samstag, 5. Oktober 2013. Im Stadtpark, dem Zentrum der Stille-Nacht-Gemeinde Oberndorf, steht neuerdings ein Igelding. Das ungewöhnlich gestaltete, mobile Bauwerk der Architekturgruppe „Soma“ist Veranstaltungsort für ein dichtes Kulturprogramm >. Unter seinen „Stacheln“ versammelte sich heute Vormittag eine ansehnliche Kohrgemeinde. Man war gekommen um mit einer großen Torte Leopolds Geburtstag zu feiern und danach sein Denkmal zu enthüllen.
Draussen hüllt der Herbst die umtriebige Stadt an der Salzach in melancholisches Grau. Drinnen, im behaglich temperierten Igel streckt ein lebensgroßer Leopold Kohr aus Pappe seinen Arm den Gästen zum Willkommen entgegen. Es sind besondere Leute, die zu Kohr-Veranstaltungen kommen. Ihre Gesichter freundlich, der Blick gerade, ihr Auftreten gelassen. Diese Menschen wissen wo sie stehen und wie wertvoll der Boden unter ihren Füssen ist. Ihre Rebellion besteht aus dem Widerstand gegen Größenwahn und Übertreibung, zur Vermessung ihrer Position im Leben nehmen sie erstmal ihre angeborenen Sinne her. Nur in einer sinnlich wahrgenommenen, „begreifbaren“ Welt lebt es sich wirklich gut.
Geladen hatte die Oberndorfer Kunstinitiative „Kreisverkehr“ aus deren Projekt: „Kohr in Residenze“ auch ein Gestaltungswettbewerb unter 10 KünstlerInnen hervorging. Das Ziel: Ein Denkmal für Leopold Kohr in jener Stadt wo er auf die Welt kam.
Der Siegerentwurf wurde durch Bürgerentscheid ermittelt. Die haben sich für was „festes“ entschieden. Eine Stahlplatte, in der Mitte Leopold Kohrs Portrait in Form eines Scherenschnittes herausgestanzt. Mein persönlicher Favorit war das Projekt an sich, der spannende Prozess mit zehn kreativen Menschen* die sich mit dem Philosophen Leopold Kohr auseinandergesetzt haben. Und wie! Der großartige Zeremonienmeister Otto Beck, die quicklebendige Moderatorin und organisatorische Begleiterin Ulrike Guggenberger und nicht zu letzt der wunderbare Rudi Promok der mit seiner Ziehharmonika Kopf und Beine in Schwung brachte wenn in Projektsitzungen die „Luft“ auszugehen drohte. Allesamt Sieger, denn gemeinsam schufen sie den unverwitterbaren Geist hinter der Sache. Widerstandsfähiger als Eisen, leidenschaftlich wie die Salzach, gerade dort, wo Hartls Stele in die Landschaft ragt. Das ist das wahre Denkmal. Wuselig und bunt in seiner Vielfalt, ein flirrendes Bild das vom unentwegen Neubestimmung des Kohrschen Maßes kündet. Einem Maß das die innere und äussere Reichweite des Menschen definiert, innerhalb derer er sich am wohlsten fühlt und sich am besten entfalten kann.
Nach Grußworten des Bürgermeisters von Oberndorf, Peter Schröder, den Verwaltern von Leopold Kohr Akademie und Kulturverein Tauriska >, Susanna Vötter-Dankl mit ihrem Gatten Christian Vötter, die aus dem Pinzgau angereist waren, formierte sich eine kleine Prozession. An der Spitze Musiker Rudi Promok, begleitet von Otto Becks Regenschirm an dessen eigener Hand. An die 40 Menschen pilgerten erst zu Leopold Kohrs Geburtshaus an dem Bürgermeister Peter Schröder eine kleine Gedenktafel einweihte und dann weiter an die Uferpromenade zum Aufstellungsort des Denkmals für Kohr.
Der Laudator Gerhard Baumgartner, Kunsterzieher aus Wels, erklärte die Intentionen des Künstlers Günter Hartel zu seinem Siegerprojekt. Alfred Winter, der nimmermüde Kulturaktivist, der Leopold Kohr aus dem „Österreichischem Vergessen“ holte erzählte Episoden aus seinen Begegnungen mit dem Philosophen und rührte die Anwesenden mit unvergesslichen Aussprüchen eines Humanisten, der sich sogar über seine Taubheit amüssieren konnte. Bei allen, ganz besonders bei Alfred Winter >, dem Philosoph Günther Witzany >, den Vötters > aus Neukirchen am Großvenediger, die Kohr noch persönlich begleiten durften, spürte man in ihren Worten den zärtlichen Respekt, den sie diesem bei aller Liebenswürdigkeit auch unbequemen und beharrlichen Nonkonformisten bis heute entgegen bringen. (Fotos: kama)
Impressionen zu einem bemerkenswerten Tag >
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